Was ist neu im Windows 7 RC aus Endanwendersicht?

Im Januar 2009 stellten wir die erste Betaversion von Windows 7 der Allgemeinheit vor. Allein in der ersten Woche luden über eine Million Enthusiasten die Betaversion herunter. Seitdem ist die Zahl natürlich stark gestiegen. Über die eingebaute Feedback-Funktion erhielten wir in den ersten sechs Wochen nach Veröffentlichung der Beta >500.000 Antworten mit Verbesserungsvorschlägen. Das sind >500 pro Entwickler. So bekamen wir In der Spitzenwoche aller 15 Sekunden Feedback.

Damit wurde es uns möglich, nicht nur das Produkt entscheidend zu verbessern und eine Unmenge von Fehlerbehebungen im Release Candidate (RC) zu integrieren, wir erhalten darüber auch wertvolle Informationen über die tatsächlich eingesetzte Hardware weltweit. In den ersten sechs Wochen bekamen wir Informatonen von >10 Mio Geräten mit >2.8 Mio Plug&Play Device Identifiers, von denen 75% direkt durch die mitgelieferten Treiber installiert werden konnten. Auf diese Weise können wir besser entscheiden, welche Treiber zum Beispiel in box (also im Installationsmedium) und welche über Windows Update zur Verfügung gestellt werden können. Zum Beispiel sind für jetzt Treiber für drahtlose und drahtgebundende Netzwerkkarten von Marvell, Atheros und RaLINK integriert.

Basics

Während in dem Windows 7 Reviewers Guide die Neuerungen in Windows 7 für die Betaversion beschrieben wurden, haben sich für den Release Candidate natürlich einige Änderungen ergeben. Neben Performanceverbesserungen beim Hoch- und Herunterfahren, Aufwachen aus dem Energiesparmodus, Suche, Indizierung und Plug&Play-Erkennung von Hardware sind viele Änderungen direkt auf das Feedback der Betateilnehmer zurückzuführen.

Energiesparmodus

So wird zum Beispiel beim schnellen Wechsel des Energiesparmodus über das Icon im Benachrichtigungsbereich jetzt immer der Energiesparplan Höchstleistung mit angezeigt. Das Feedback deckt sich hier mit meinen eigenen Erfahrungen: Standardmäßig wird Windows 7 im Modus Ausbalanciert betrieben, was einen guten Kompromiss zwischen Akkulaufzeit und Performance darstellt. Immer wenn ich aber einen Vortrag halte, schalte ich auf Höchstleistung. Dieses Umschalten ist jetzt viel einfacher.

Energiesparmodus

Entfernen von Geräten

Eine weitere Änderung betrifft das Verhalten beim Entfernen von Geräten. Bisher wurde zum Beispiel beim Löschen eines Druckers lediglich die Print Queue entfernt. Das Entfernen von Bluetoothgeräten löschte nur die Informationen über das Pairing. Im Release Candidate verhält sich die Aktion Entfernen konsistenter und deinstalliert das jeweilige Gerät komplett.

Benutzerkontensteuerung

Eines der meistdiskutierten Funktionen seit Windows Vista ist die Benutzerkontensteuerung, auf Englisch User Account Control (UAC) genannt. Rund um UAC entbrannte in der Betaversion eine Sicherheitsdebatte, die uns zu Änderungen im Release Candidate bewegte. Wen die Hintergründe interessieren, der sollte zum Beispiel den Artikel Windows 7 Beta: Sicherheitsprobleme mit UAC von Nils Kaczenski lesen (mit Nils verbindet mich nicht nur ein längerer Mailthread zu diesem Thema ;-)

Im Release Candidate steuern wir hier um. Das UAC-Applet in der Systemsteuerung wird jetzt mit Hoher Integrität gestartet. Dadurch verhindern wir, dass dieses Applet durch Programme ferngesteuert werden kann, da diese standardmäßig mit Mittlerer Integrität laufen und dank Mandatory Integrity Control keinen Schreibzugriff auf Objekte mit höherer Integrität haben.

Weiterhin erfordern jetzt Änderungen an der Konfiguration von UAC immer eine Bestätigung durch den Administrator, unabhängig davon, ob konfiguriert war, dass man keine Bestätigungsdialoge haben möchte, solange man selbst die Aktion initiiert hat (was das Standardverhalten ist).

AutoPlay

Mit Blick auf den aktuellen Wurm Conficker änderen wir auch das Verhalten von Windows 7 beim Einlegen von Wechseldatenträgern wie USB-Sticks. Bisher war es so, dass wir seit Windows Vista einen Dialog einblenden, der verschiedene Möglichkeiten beim Umgang mit dem neu eingesteckten (oder eingelegten) Medium anbietet. Conficker nutzt das aus, indem er ein trügerisches Icon einblendet, um Anwender dazu zu verführen, den Wurm zu installieren.

Infected USB AutoPlay

Beginnend mit dem Release Candidate werden für nicht-optische Wechseldatenträger Autorun-Einträge deaktiviert. Weitere Informationen dazu wurden auf Englisch in dem Artikel Improvements to AutoPlay auf dem Engineering Windows 7 Blog veröffentlicht.

Infected USB AutoPlay after AutoPlay changes

Taskbar

Weitere Veränderungen haben wir auch an dem User Interface (UI) vorgenommen. Die Taskbar stellt eine Liste aller aktiven Fenster oder Tabs einer Anwendung zusammen, wenn mehr Fenster offen sind, als in der Vorschau live angezeigt werden können. Auch Taskbar Thumbnail Overflow unterstützt auch Aero Peek und blendet jetzt einen Schalter zum Schließen des jeweiligen Fensters oder Tab ein.

Taskbar

Man kann ja einzelne Programme auf die Taskbar pinnen. Mit dem Release Candidate passen bei gleicher Bildschirmauflösung jetzt wesentlich mehr Programme auf die Taskbar. So werden zum Beispiel bei 1024x768 15 große Programmicons darstellbar, was eine Verbesserung um 25% gegenüber der Betaversion bedeutet. Wem die Icons zu groß sind und wer deshalb auf die kleinere Darstellung umschaltet, wird sogar eine Verbesserung um 38% bemerken. Es passen jetzt 22 kleine Programmicons auf die Taskbar. Dadurch erhöhen wir deutlich die Funktionalität der neuen Taskbar und hoffen, die Akzeptanz des Standardverhaltens noch weiter steigern zu können.

Eine Verbesserung erfährt auch das Verhalten, wenn man Dateien auf die Taskbar per Drag & Drop zieht. Bisher konnte man einzelne Dateien auf Programmicons in der Quickstartleiste ziehen und fallen lassen. Daraufhin startete Windows das entsprechende Programm und öffnete darin die Datei. Mit dem Wegfall der Quicklaunchleiste ist dieses Verhalten in der Betaversion nicht mehr möglich gewesen. Wer eine Datei oder eine Verknüpfung auf ein Programmicon zieht, sorgt dafür, dass diese Datei oder die Verknüpfung in die Sprungliste mit aufgenommen und das Programm auf die Taskleiste gepinned wird. Im Release Candidate kann man, wenn man zusätzlich die Shift-Taste gedrückt hält, das alte Verhalten nutzen. Es wird dann das Programm, auf das man die Datei fallen läßt, gestartet (selbst dann, wenn das Programm nicht für den Dateityp registriert ist).

Neu installierte Programme können sich selbst nicht automatisch auf die Taskleiste pinnen. Das darf nur der Anwender selbst entscheiden. Damit wollen wir verhindern, dass Installationen von Programmen ungewollt die Taskleiste “zupflastern”. So wie wir die übermäßige Anzahl an Icons im Benachrichtigungsbereich links neben der Uhr ebenfalls minimiert haben. Dafür hebt das Startmenü neu installierte Programme hervor. In bisherigen Windowsversionen konnte man das nur sehen, wenn man im Startmenü navigierte. Mit dem Release Candidate stellt Windows neu installierte Programme direkt am Ende des Startmenüs in der ersten Hierarchieebene dar, so dass man mit einem Klick auf den Windows Pearl (den alten Startknopf) Zugriff auf das neue Programm hat.

Tastatur-Shortcuts

Windows 7 enthält weiterhin eine Reihe von neuen Tastatur-Shortcuts. Wer die Windowstaste gedrückt hält und dann eine Zahl von 0 bis 9 eingibt, startet das jeweilige Programm aus der Startleiste. Also <Win> + <1> startet das erste gepinnte Programm, <Win> + <2> das zweite und <Win> + <0> das zehnte. Ist das Programm schon gestartet, wechselt der Focus zu dem Programm und das Fenster kommt in den Vordergrund. Laufen schon mehrere Fenster oder Tabs von dem Programm, wird eine Vorschau des ersten Fensters mit Aero Peek angezeigt und mit jedem wiederholten Drücken auf die Zahl zwischen den einzelnen Fenstern oder Tabs hin- und hergewechselt. Ein <Alt> + <Tab> für Programme sozusagen.

Sprunglisten

Die Sprunglisten wurden auch überarbeitet. Standardmäßig werden pro Programm bis zu zehn Einträge vorgeschlagen, um die Navigation zu vereinfachen.

Sprunglisten

Die Systemsteuerung unterstützt jetzt auch Sprunglisten und innerhalb von Sprunglisten kann man auch Dateien hinterlegen, die nicht mit dem Programm selbst referenziert sind. So lassen sich zum Beispiel auch HTML-Dateien auf dem Notepad-Icon ablegen, so dass bei einem Klick auf den Dateinamen in der Sprungliste dann auch Notepad anstelle des Standardwebbrowsers zum Öffnen der Datei benutzt wird.

Systemsteuerung

Aero Peek

Weitere Verbesserungen umfassen das Wechseln zwischen einzelnen Anwendungen. Ich habe ja schon Aero Peek als Funktion erwähnt. Beim Wechsel zwischen einzelnen Anwendungen mit <Alt> + <Tab> wird jetzt das jeweilige Programm in der Originalgröße und am Originalplatz dargestellt und alle anderen Fenster transparent geschaltet.

Aero Peek

Weiterhin nutzen wir Color Hot-tracking nicht nur zum Einfärben der aktiven Programmicons, wenn man mit der Maus über das Programicon selbst gleitet, sondern auch bei den einzelnen Fenster in der Vorschau.

Color Hot-track stays active when the mouse hovers over taskbar thumbnails

Windows Explorer

Im Windows Explorer wurde uns vor allem Feedback zur einfacheren Navigation gegeben. Viele wünschten sich den Nach oben-Schalter wieder, der in Windows XP in den jeweiligen Elternordner eine Ebene höher wechselt. Wir wollen jedoch die UI nicht durch noch mehr Schalter verkomplizieren. Die Adressleiste bietet schon seit Windows Vista die Möglichkeit, auf den Elternordner direkt zugreifen zu können. Darüber hinaus kann man auch zwei oder drei Ebenen sowie auch in die jeweiligen Unterebenen mit einem Mausklick zurück schalten.

Windows Explorer

Allerdings war das immer eine Frage des zur Verfügung stehenden Platzes. Mit dem Relese Candidate wird der Elternordner immer angezeigt werden, so dass ein zusätzlicher Schalter nicht mehr notwendig sein wird.

Bibliotheken

Die Navigation in Bibliotheken wird ebenso vereinfacht wie die Nutzung der neuen Ansichtsoptionen. Dateien lassen sich aufgrund von Metadaten sortiert darstellen. Damit kann man durch die Ablage in verschiedenen Ansichten navigieren. Der Wechsel zwischen den einzelnen Ansichten ist jetzt über das Kontextmenü möglich.

Während die Ansicht nach Monat oder Tag jetzt Bilder und Videos auch zusammen darstellt, werden in der Musikbibliothek bei der Ansicht nach Interpret oder Genre mehr Alben gleichzeitig angezeigt und die Ansicht der Videos um die eine Sortiermöglichkeit nach der Länge der Filme erweitert. Der Windows Explorer unterstützt darüber hinaus jetzt auch die Multi-touch Zoomfunktion.

Wer einmal Ordner in eine Bibliothek per Drag & Drop gezogen hat, wird im Release Candidate noch eine Änderung merken. Diese Funktion ist nicht mehr unterstützt, da sie zu Verwirrung und Datenverlust führen kann. Wer per Drag & Drop Ordner in die Bibliothek verknüpft hat, glaubt vielleicht, dass die Daten kopiert wurden und löscht danach die Quelle. Das ist bei Bibliotheken aber gerade nicht der Fall. Daher wurde die Funktion herausgenommen.

Suche

Zusätzlich überarbeitet wurde der Suchdialog. Neben einer besseren grafischen Darstellung der Suchergebnisse enthält die Ansicht jetzt auch alle vergebenen Labels und längere Auszüge aus den gefundenen Dokumenten.

Suche

Geräteunterstützung

Device Stage ist eine neue Funktion in Windows 7. Bisher war die Unterstützung nur für wenige Geräte in Windows 7 implementiert. Mit dem Release Candidate machen wir es Hardwareherstellern einfacher, zumindest Basisinformationen für jedes Gerät zur Verfügung stellen zu können.

Baseline device stage experienceAuch Computerhersteller können jetzt Device Stage nutzen, um Informationen zu dem Computer insgesamt einfacher anzeigen lassen zu können.

Device Stage experience for a PC

Internet Explorer

Windows 7 RC enthält nicht nur den finalen Internet Explorer 8, sondern auch einige Windows 7-spezifische Erweiterungen. So unterstützt der Internet Explorer jetzt direkt Aufgaben aus der Sprungliste. Die Multi-touch-Steuerung wurde ebenfalls verbessert.

Internet Explorer

Windows Touch

Auf der CeBIT 2009 übernahm ich unter anderem auch die Vorbereitung der Multi-touch-fähigen Hardware. Die Geräte waren die ganze Woche immer von einer Menschentraube umlagert. Ganz klar: Multi-toch weckt Begeisterung bei jedem Publikum. Vielleicht liegt meine eigene Begeisterung an Mutli-touch auch daran, dass ich die Fähigkeiten mit meinem Tablet-PC HP tx2 unter Windows 7 direkt nutzen kann.

Mit dem Release Candidate gibt es eine Reihe von Verbesserungen bei der Bedienung mit Multi-touch. So kann man jetzt mit dem Finger über die Taskbar fahren und bekommt mit Thumbnail Peek das gleiche Ergebnis wie mit der Maus. Zoom wird vom Windows Explorer unterstützt und kann zum Wechsel zwischen verschiedenen Ansichten genutzt werden (kleine Symbole vs. extra große Symbole). Auch läßt sich jetzt Text aus Webseiten markieren, kopieren und einfügen, wenn der Browser horizontales und vertikales Scrollen aktiviert hat.

Die Bildschirmtastatur unterstützt jetzt auch Multi-touch. Es liegt nahe, dass man darauf vielleicht auch mehrere Tasten gleichzeitig drücken möchte. <Shift> +  ein Buchstabe zum Schreiben von einem Großbuchstaben ist eine natürliche Geste.

Daneben wurde aber auch eine Funktion wie die Simulation des rechten Mausklicks verbessert. Musste man bisher noch den Finger eine Weile auf das Objekt gedrückt halten, gibt es jetzt eine Zwei-Finger-Geste. Einfach mit einem Finger das Objekt auswählen und mit einem zweiten gleichzeitig antippen.

Windows Touch

Windows Media Player

In Windows 7 ist Windows Media Player in der Version 12 enthalten. Verbesserungen im Release Candidate sieht man zum Beispiel im Now Playing Mode, in dem die grafische Umsetzung optimiert wurde.

Media Player

Neben der direkten Unterstützung für .MOV Dateien, die von vielen digitalen Kameras erzeugt werden, filtert der Media Player jetzt Dateien heraus, die er nicht wiedergeben kann. So können zum Beispiel Apples lossless .M4A oder H.263 MPEG-4 nicht direkt abgespielt werden. Derartig kodierte Dateien werden zukünftig nicht mehr in der Übersicht mit angezeigt.

Weiterhin lässt sich der Media Player auch aus der Ferne steuern, wenn man die entsprechende Funktion aktiviert hat. Darüber kann man quasi Windows 7 als Fernbedienung nutzen.

Remote_Stream_2

Remote Media Streaming

Für den Schluss des Artikels habe ich mir dann noch eine Neuerung aufgehoben. Remote Media Streaming im Windows Media Player 12 erlaubt die Nutzung der eigenen Musik, Bilder und Videos als Stream direkt über das Internet.

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Dazu muss man einmalig das Medienstreaming aktivieren, damit in den Firewalleinstellungen des lokalen Systems die entsprechenden Ports freigeschaltet werden.

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Danach kann man dann den Internetzugriff auf die eigenen Mediendateien aus dem Internet erlauben.

Remote_Stream_1

Das war erst einmal ein Überblick über die Änderungen für Endanwender. In meinem nächsten Posting gehe ich dann auf die Änderungen für Administratoren ein. Bis dahin noch drei Links zu englischsprachigen Artikel vom Engineering Windows 7 Blog, die weitere Änderungen beschreiben: