Open Government und Open Data - der Bürger versteht und redet mit

 

?Thomas Langkabel, National Technology Officer bei Microsoft, im Interview anläßlich der Schlussrunde der Enquete Kommission „Internet&Digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages 

 

 

?Was versteht man unter Open Government?
Open Government besteht im Prinzip aus drei Themenbereichen. Zunächst Transparenz, also was weiß die Verwaltung und wie handelt sie. Das nächste Thema ist die Kollaboration, also wie können Bürger, Unternehmen und Verwaltung zusammenarbeiten, und zwar auf Augenhöhe, - eben als Partner und nicht mehr als Bittsteller. Und schließlich geht es um Partizipation, also die Beteiligung sowohl an politischen Entscheidungen und als auch im Verwaltungsbereich. Die Verwendung des Haushalts einer Kommune und die Priorisierung von Vorhaben sind hier ein gutes Beispiel. Die Verwaltung soll sich öffnen, kein einfacher Weg, denn die deutsche Verwaltung ist seit 200 Jahren ganz anders sozialisiert, primär orientiert auf den ordnungsgemäßen Vollzug von Gesetzen und Vorschriften. Das soll nicht aufgegeben werden, aber die Art und Weise des Verwaltungshandelns muss sich dramatisch ändern und das erfordert ein gewaltiges Umdenken. Das Amtsgeheimnis ist nicht mehr der Default Wert, Transparenz ist gefragt, - ein hoher Anspruch, auch an die deutsche Verwaltung.

Es wird viel darüber geschrieben, aber gibt es bereits konkrete Maßnahmen und Veränderungen in denen Open Government konkret gelebt wird?

Es gibt bereits eine Reihe guter Beispiele, etwa wenn es um die Verwendung von öffentlichen Geldern geht. Alleine die Transparenz zum Begriff „Haushalt“ und wie der zustande kommt ist schon interessant. Unter https://bund.offenerhaushalt.de hat sich jemand die Arbeit gemacht, den kompletten Bundeshaushalt visualisiert darzustellen, der bisher nur in einem Wust von PDF Dateien und Tabellen einzusehen war. Ein Gesamteindruck fehlte, jetzt gibt es Drill Downs, die einen ganz anderen Eindruck vermitteln, was ein Haushalt eigentlich ist.

In Brandenburg wurde beispielsweise ein System eingeführt, wo jeder Bürger Straßenmängel, kaputte Verkehrsschilder oder wilde Müllablagerungen auf einer Plattform melden kann. Das geht einfach per Smartphone mit Foto und Location Service. Die Verwaltung kann sich eigene Kontrollfahrten sparen, die Bürger helfen mit und bringen sich als Ressource ein, um ihr Leben in ihrer Gemeinde zu verbessern. Ein schönes Beispiel, wie Kollaboration und niedrigschwelliger Technologieeinsatz Nutzen stiften können.

 

Wo wird heute Open Government vorangetrieben?

Das Thema wird heute stark getrieben durch Social Media, mit niedrigschwelligen Möglichkeiten, neue Instrumente zu nutzen, Netzwerke zu bilden und sich selber einzubringen. Open Government Projekte werden primär von zivilgesellschaftlichen Initiativen initiiert und dann von Politik und Verwaltung aufgegriffen. Ein schönes Beispiel, an dem auch wir von Microsoft beteiligt waren, ist der „Apps für Deutschland“ Wettbewerb. Auf den Weg gebracht von drei zivilgesellschaftlichen Vereinen, nämlich der Open Knowledge Foundation e.V., dem Open Data Netzwerk e.V. und dem Government 2.0 Netzwerk e.V übernahm schließlich der Bundesinnenminister die Schirmherrschaft. Daraus entstanden viele interessante und nützliche Apps auf der Basis kostenfreier öffentlicher Daten der Verwaltung. Die Bundesregierung hat zusammen mit den Ländern Open Government als eigenes Handlungsfeld aufgenommen. Das Thema kommt also langsam in der Politik an, entstanden ist es aber durch Impulse aus der Zivilgesellschaft und von dort wirkt auch der dauerhafte Handlungsdruck. Aktuell verstärkt wird dies natürlich auch vom Erscheinen der Piratenpartei, die insbesondere das Thema „Schaffen von Transparenz“ ja als Kernbotschaft nutzt.

 

Wie kann man sich heute am Thema Open Government aktiv beteiligen?

Es sind in der Regel gemeinnützige Vereine, die das Thema vorantreiben, also keine hauptamtlichen Profis oder Funktionäre, sondern Menschen wie Du und ich, die sich neben ihrem normalen Job dort einbringen. So wie man sich bei der freiwilligen Feuerwehr, dem THW oder karitative Einrichtungen engagiert, kann man sein gesellschaftliches Engagement eben auch auf die Modernisierung des Verhältnisses zwischen Staat und Gesellschaft richten. Im Prinzip hat jeder, der Interesse hat, die Möglichkeit sich einem Verein anzuschließen und dort mitzuwirken. Grade auf kommunaler Ebene bilden sich viele lokale Initiativen, die man natürlich auch selbst auf den Weg bringen kann. Es entsteht derzeit ein lebendiges Netzwerk von zivilgesellschaftlichen Initiativen, nicht nur in Berlin, Hamburg und anderen Großstädten, sondern auch in kleinen Kommunen.

 

Noch ein konkreter Tipp, wie man einsteigen kann?

Soziale Netzwerke bietet zahlreiche Anknüpfungspunkte, etwa bei Open Data Gruppen auf Facebook oder auch auf Twitter. Wenn man sich hier engagieren will, kann man da einfach mal gezielt suchen. Und natürlich die Beteiligungsplattform Adhocracy der Enquete Kommission „Internet&Digitale Gesellschaft“ unter www.enquetebeteiligung.de für eigene Anregungen nutzen.