#OutOfOffice in Turin und Mailand: Arbeiten kann man überall – eine #CoworkingEU Gastbeitragsserie

Tobias Schwarz ( Isarmatrose ) und Kati Kremkau ( Ostseegoere ) wollen in diesem Sommer testen, wie gut es sich im grenzenlosen Europa wirklich arbeiten lässt. Für zwei Monate gehen sie unter dem Hashtag #CoworkingEU und mit Office 365 und dem Surface 3 auf #OutofOffice-Trip und stellen sich der Frage, warum wir eher vom Starbucks am Jungfernstieg oder dem Sankt Oberholz am Rosenthaler Platz aus arbeiten, anstatt vom Montmarte in Paris einen Tweet abzuschicken, auf dem Markusplatz in Venedig zu bloggen oder im Schatten der Sagrada Familia eine Präsentation zu bauen.

Als reisende Coworker arbeiten wir, wo andere Urlaub machen. Diese Woche ist es Italien, doch Mitte August ist hierzulande die klassische Urlaubszeit und die meisten Geschäfte – sogar Supermärkte und Restaurants – schließen gleich für mehrere Wochen. Nicht anders ist es bei den Coworking Spaces, denn wenn die Kundschaft nicht da ist, lohnt es sich oft gar nicht, zu öffnen. Trotzdem zeigten uns unsere Stationen in Turin und Mailand, wie modernes Arbeiten auch aussehen kann.

Turin: Digital Fabrication und Open-Source-Kultur

In Turin hatten wir Glück und fanden im trotz der Urlaubszeit noch geöffneten Coworking Space Toolbox zwei tolle Arbeitsplätze. Allerdings saßen wir in der über 4.000 m² großen Industriehalle vollkommen alleine. Selbst das sich hier ebenfalls befindende FabLab Torino war im Urlaub, aber der Freund der Toolbox-Rezeptionistin, ein junger Physiker, führte uns durch die verlassenen Räume. Es war zwischen den Drehbänken, 3D-Druckern und Laserschneidemaschinen, wie in einer Geisterstadt des neuen Arbeitens.

Das FabLab Turin gibt es seit 2011 und startete als FabLab Italien. Es ist ein Ort für Experimente mit digitaler Produktion, ein sogenanntes Makerspace, das es sich zum Ziel gemacht hat, Digital Fabrication und Open-Source-Kultur an einem Ort zu vereinen. Das FabLab bietet einen faszinierenden Raum, in dem sich traditionelle wie auch moderne Produktionsmittel mit den Ideen der unterschiedlichsten Personen vermischen können, um neue Ansätze zu ermöglichen. In Deutschland gibt es das Berliner FabLab mit dem gleichen Anspruch.

In diesen Makerspaces hat jeder den Zugang zu modernen Maschinen. Beim Tag der offenen Tür entwickelte eine Gruppe von Kindern einen Sensor für Mülltonnendeckel, der per Mobilfunk meldete, wann eine Tonne wirklich voll ist. Das mit dem Leeren von Tausenden Mülltonnen überforderte Turiner Abfallunternehmen würde so wichtige Ressourcen sparen können und wesentlich effizienter arbeiten können. Als jemand, der nur einmal etwas mit dem Laser schneiden muss, ist man genauso willkommen, wie jemand, der ein Projekt umsetzen möchte und hier nach Gleichgesinnten sucht. Abseits von Firmen und ihrer teilweise antiquiert wirkenden Kontrolle von Produktionsmitteln, können an solchen Orten die Produkte und Technologien von morgen entwickelt werden.

Mailand: (unfreiwillig) auf den Spuren der Digitalen Bohème

Die ersten Orte für die neue Arbeitskultur waren ganz normale Cafés, die ein offenes WiFi besaßen und die Gäste den ganzen Tag surfen ließen. Beinahe zehn Jahre ist es her, dass Holm Friebe und Sascha Lobo in ihrem Buch "Wir nennen es Arbeit" sogenannte Laptop-Cafés wie das Berliner Sankt Oberholz, in denen die digitale Bohème entstand, als Orte des neuen Arbeitens identifizierten. Hier sind Unternehmen wie SoundCloud oder Zalando gestartet, und auch der inzwischen europaweit agierende Coworking-Club Betahaus entstanden.

In Mailand fanden wir kein einziges Coworking Space, das offen war. Also mussten wir uns andere Arbeitsplätze suchen, genau wie unsere geistigen Vorfahren der Digitale Bohème. Im Blog "P.S. I'm on my way" der Reisebloggerin Trisha Velarmino fanden wir sechs Tipps für Mailänder Cafés mit WiFi, von denen aus Digitale Nomads arbeiten können. Hier, zwischen Touristen, Einheimischen und Cocktails mixenden Barkeepern, gingen wir unserer Arbeit nach. Cafés und Bars sind schon von Natur aus kommunikative Orte und so kamen wir auch hier schnell ins Gespräch. Doch lernten wir diesmal nicht neue Startups kennen, sondern interessante Biographien und was man in Mailand abseits der Reiseführer gesehen haben sollte.

Gerade in Mailand kann man als Digitaler Nomade hervorragend unterwegs sein, denn das gesamte Zentrum der italienischen Millionenmetropole, die in diesen Tagen auch die Weltausstellung zu Gast hat, verfügt über ein offenes WiFi. Seit drei Jahren betreibt die Stadt das WLAN-Netz, seitdem haben sich darüber mehr als 5,5 Millionen Menschen mit dem Internet verbunden. Inzwischen sind es fast 8.000 Anmeldungen am Tag. Das Datenvolumen ist zwar auf 300 MB begrenzt, in Turin waren es 500 MB, doch danach kann man immer noch mit einer Geschwindigkeit von 192 kb/s weiter surfen. Als zum Monatsende oft gedrosselte Mobilfunkkunde ist das immer noch eine akzeptable Geschwindigkeit.

Offene WLAN-Netze gibt es inzwischen auch in einigen deutschen Städten, nicht aber so flächendeckend, wie wir es hier in Turin und Mailand vorgefunden haben. Hier gibt es sogar in den Taxis WiFi.

Ein Gastbeitrag von Katharina Kremkau und Tobias Schwarz https://www.coworking-and-travel.eu/

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Über die Autoren

Kati, die Ostseegoere, arbeitet als freie Social-Media-Alleskönnerin für ein Berliner eLearning-Startup, eine Umweltpolitikerin und die Kiezsauna, der wohl heißeste Ort Friedrichshains. Sie ist aus Rostock und hat Politikwissenschaft in Berlin studiert. Was sie am Internet wirklich liebt, sind Listen auf Foursquare and Yelp von Orten, an denen sie leckere Delikatessen essen möchte.

Tobias leitet das Online-Magazin Netzpiloten.de, das seit 1998 das Internet erforscht. Davor arbeitete er für Tumblr, McKinsey und die Grünen. Er hat eine “Always On”-Mentalität, aber weiß, worauf es im Leben noch ankommt: ein eiskaltes Bier (er bevorzugt einen Russ) und Freizeit im Grünen mit Kati.