#besserlernen mit digitalen Technologien – ein Gastbeitrag von Nikola Truxa, Leiterin des LOS Wien-Favoriten

„Wie können wir mit digitalen Technologien #besserlernen?“ Unter diesem Motto hatte Stefan Schick zu einer Gastbeitragsserie aufgerufen. Nikola Truxa sagt dazu: „Erst in der Interaktion mit einem motivierten Lernenden können Medien wirksam werden.“

Lernen mit Hilfe neuer Medien

Multimediales Lernen ist bei weitem keine neue Erfindung. Schon in den Telekursen zur Mengenlehre der 70er-Jahre wurden Modellklassen häusliches Lernen und Üben durch Fernsehübertragungen vereinfacht oder sogar versüßt, damals zwar noch ohne aktive Teilnahme, da ja nicht in das Fernsehprogramm eingegriffen werden konnte. Auch die zeitliche Flexibilität war nicht gegeben, da die Einheit zu einer ganz bestimmten Zeit angeschaut werden musste, aber es war bunt, bewegte sich und motivierte mehr als der klassische Schulunterricht. Heute wird PC-basiertes Lernen beziehungsweise Online-Lernen in vielen Lernsituationen umgesetzt und angeboten. Ein weites Feld von verschiedenen Nutzungen des Begriffs eröffnet sich.

Varianten des Online-Lernens am Arbeitsplatz, in der Universität und in der Schule

Was für wen Online-Learning bedeutet, ist sehr abhängig vom aktuellen Arbeitsumfeld. Gut funktionierende Online-Learning-Plattformen sind meistens im universitären Bereich beziehungsweise in großen Firmen zu finden. Diese verfügen über die nötige Infrastruktur. Die Systeme bieten sowohl die direkte Übertragung von Lehrinhalten – durch Videostreaming von Vorträgen oder die Abrufbarkeit von Vortragsfolien – als auch das Angebot von weiterführenden Links. Noch wichtiger sind aber die Möglichkeiten zu direkten Rückmeldungen durch Verständnisfragen und Kommentare. In den Schulen sind diese Voraussetzungen nicht immer gegeben. Weder die technische Ausstattung der Schulen, noch der Schülerhaushalte sind soweit, dass man Online-Learning-Plattformen außerhalb von Schulversuchen flächendeckend einsetzen könnte. Weiter müssen noch viele Fortbildungen stattfinden, um die Lehrenden in die Lage zu bringen, Veranstaltungen mit Hilfe von neuen Medien durchzuführen.

Blended Learning

Eine Klassifikation von Online-Lernprogrammen ist die Unterscheidung in begleitetes und unbegleitetes Lernen. Leider begünstigt zeitliche Flexibilität oft das Aufschieben von anstehenden Aufgaben. Aus der Möglichkeit zu lernen, wann und wo man will, könnte leicht ein „gar nicht lernen“ entstehen. Dieser Nachteil kann durch Blended Learning - das bedeutet die Mischung von Präsenz- und Online-Lernen - aufgefangen werden. Während die Einführung in das Thema, die Anwendungshinführung und die assoziativen Informationen im Präsenzunterricht stattfinden und präsentiert werden, können vertiefende und Automatisierungsübungen sowie die Wissensabfrage onlinebasiert durchgeführt werden.

Spielerisches Lernen

Ein begehrter Seiteneffekt des Online-Lernens entsteht durch die Mediennähe zum Spielecomputer. Spielerisch Lernen bedeutet, erst mal Leben und Verhalten und nicht unbedingt Wissen lernen und einüben. In diesem Kontext ist es nur mit harten Brüchen möglich, Merkelemente wie Wörter mit „ie“ einzuüben. Leider steht für unzählige Angebote eher die Verpackung des Lernens in einem Spiel im Vordergrund als das Lernen selbst. Die Frage, ob Spiele sich für Lernzwecke instrumentalisieren lassen, verneinen einige Spieltheoretiker, da das Spiel als zweckfreie und freiwillige Handlung charakterisiert wird.

Gamification

Gamification bedeutet nicht, das Lernen in ein Spiel zu packen, sondern die Motivation des Lernenden durch Methoden, die denen vieler Computerspiele entsprechen, zu steigern. Gemeint ist damit, dass in einem nicht spielbasierten Kontext spieltypische Elemente eingesetzt werden, beispielsweise das Sammeln von Punkten, die Anzeige von Fortschrittsbalken oder Ranglisten. Das Lösen von Aufgaben, „Challenges“ oder „Missionen“ gehört sicher dazu. Ganz wichtig sind der Vergleich und die Kommunikation mit anderen „Spielern“ da draußen, was erst durch die Online-Welt wirklich möglich wird. Gamification-Elemente werden insbesondere bei monoton empfundenen oder sehr komplexen Aufgaben eingesetzt. Auf viele Kinder, Jugendliche und natürlich auch auf Erwachsene üben diese Computerspiele eine große Faszination aus. Auch hier gibt es bereits Evaluationen, die die Nützlichkeit dieser Methoden bezüglich der Motivation und dem Durchhaltevermögen bestätigen. Kritiker warnen allerdings davor, dass ein zu umfangreicher Einsatz, das Erreichen der Punkte vor die Motivation zum Wissenserwerb stellt.

Online-Lernen in der LRS-Therapie – Anforderungen

Was bedeuten diese Erkenntnisse nun für den Bereich des LRS-Trainings. Im LRS-Bereich sucht man insbesondere Lösungen für folgende Herausforderungen. Einige Kinder mit einer Lese-/Rechtschreibstörung haben erhebliche Probleme, sich länger zu konzentrieren, still zu sitzen und ihre Aufmerksamkeit länger auf eine bestimmte Sache zu lenken. Andere haben ganz große Schwierigkeiten, die Umsetzung der Regelanwendung durchzuführen. Das mentale Wörterbuch will sich nicht füllen und sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben beginnt der De- bzw. Codierungsprozess immer wieder von vorne. Das ist natürlich fehleranfällig und schnell ermüdend. Viele Wiederholungen sind nötig, bis das mentale Lexikon Gestalt gewinnt. Bei wieder anderen gelingen die lautliche Analyse und damit das Durchgliedern der Wörter nicht. Nicht jeder Programmzugang ist für jedes Kind richtig. Nur eine genaue pädagogische Diagnose kann die richtige Therapie zur LRS-Förderung bestimmen.

Üben, Üben, Üben!

Anerkannterweise hilft gegen jegliche Form der LRS Üben: Üben durch Symptomtraining, Üben durch Lesen, Üben durch Schreiben. Üben braucht Zeit. Üben soll in einem aktiven Umfeld stattfinden und Üben bedeutet im LRS-Bereich oftmaliges Wiederholen teilweise als monoton empfundener Aufgaben. Hier helfen bestimmte Methoden der Gamification enorm: Punkte sammeln, der Vergleich mit Mitstreitern usw. sind in Online-Programmen gute Motivatoren. Außerdem muss das System der Wahl einfach, ausreichend und das heißt wirklich viele Übungsmöglichkeiten anbieten, die entsprechend dem zu bearbeitenden Fehlerschwerpunkt ausgewählt werden können. LRS-Schüler brauchen viele Wiederholungen bis zur Automatisierung.

Fehlertolerant und adaptiv

Gute Online-Programme sollen fehlertolerant und vor allem adaptiv sein. Ersteres bedeutet, dass Falscheingaben der Benutzer nicht zur Zurückweisung führen, sondern der Computer unermüdlich und geduldig zum nächsten Versuch einlädt. Adaptiv sind Programme, die Fehleingaben intern registrieren, um zu vermehrtem Übungsangebot in diesem Fehlerbereich zu führen. Was gelingt wird schneller abgearbeitet, die Bereiche, die Schwierigkeiten machen, werden öfters wiederholt, bis die Automatisierung einsetzt. Beide Techniken vermindern die Frustration der Übenden.

Der Einsatz neuer Medien zum Lernen ist ein unumkehrbarer Trend, der viele Vorteile birgt. Das Medium an sich vermittelt aber gar nichts, erst in der Interaktion mit einem motivierten Lernenden kann es wirksam werden. Den wirklichen Nutzen erreicht man, indem der Lernende aus der Anwendung der Programme einen Nutzen für sich erkennt und gewillt ist, mit diesen solange zu trainieren und zu üben, bis sein Ziel erreicht ist. Dafür muss ein Ziel definiert werden und der Weg dorthin strukturiert sein. Diese Zieldefinition, Zielerreichung und Strukturierung muss unabdingbar Bestandteil eines erfolgreichen Online-Trainingsprogramms für die LRS-Therapie sein. Die LOS nutzen den PC seit mehr als 30 Jahren in der LRS-Therapie und konnten dabei viele Erfahrungen gewinnen.

 

Ein Gastbeitrag von Nikola Truxa
Leiterin des LOS Wien-Favoriten

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Über die Autorin

  

Nikola Truxa ist seit 2003 Institutsleiterin des LOS- Lehrinstitut für Orthographie und Sprachkompetenz in Wien-Favoriten, Österreich. Der LOS-Verbund fördert in Deutschland, Österreich und Luxemburg lese- und rechtschreibschwache Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene.

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„Besser lernen. Für alle!“ – Microsofts Engagement im Bildungswesen

Bildung ist der Schlüssel zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Erfolg im Beruf. Microsoft engagiert sich mit zahlreichen Bildungsprojekten, Förderprogrammen für Schulen, IT-Plattformen zur Vernetzung von Forschung und Lehre und gezielter Nachwuchsförderung im Technologiebereich seit Jahren für Bildung. Mit der Plattform „Besser lernen. Für alle.“ bündelt Microsoft sein breites Bildungsangebot. Von der frühkindlichen Erziehung im Kindergarten, über die Grundschule bis hin zur Hochschule und beruflichen Weiterbildung: Hier finden Sie Informationen zu allen Stationen des lebenslangen Lernens sowie neuen Medien und modernen Lernkonzepten. Weiterführende Informationen zu Microsofts Engagement im Bildungswesen sind unter aka.ms/besserlernen zu finden.

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