Digitalisierung: Der Mittelstand zieht langsam nach

 Als Mittelständler hat man es oft nicht leicht. Kommt das Thema auf die Digitalisierung, wird man meist müde belächelt: Vorzeigefirmen die mit neuen technischen Lösungen prahlen, sind oft nur unter Großunternehmen zu finden. Digitalisierung darf aber nirgendwo Selbstzweck sein – Mittelständler hecheln keinen Trends hinterher, sondern prüfen ganz genau, ob digitale Lösungen das  Produkt -und Leistungsportfolio ergänzen und bereichern oder in ihr spezielles Arbeitsumfeld passen. Laut der Münchner IHK „gibt es mehr und mehr Innovateure unter den Mittelständlern.“ Doch unterm Strich hätten kleine und mittlere Unternehmen bei der Digitalisierung noch Nachholbedarf. Und das obwohl die Unternehmen durchaus die Vorteile der Digitalisierung als Wachstumschance erkennen.

Wachstum muss nicht immer einhergehen mit neuen Produkten oder Dienstleistungen sowie mehr Umsatz beziehungsweise Gewinn. Natürlich dreht sich das Geschäftsleben auch darum. Es geht aber auch um Firmenentwicklung und die Möglichkeit als „Organisation zu wachsen“ oder besser gesagt, sich weiterzuentwickeln. Intern können beispielsweise flexiblere Arbeitsplatz- oder Arbeitszeitmodelle Mitarbeiter/innen binden oder für das Unternehmen gewinnen. Nach außen gerichtet hilft ein verbesserter Kundenservice. Daher dürfte kein Unternehmensverantwortlicher die Sinnhaftigkeit eines Kundenbindungswerkzeugs (CRM, Customer Relationship Management) bezweifeln. Dank CRM verstehen auch kleine Unternehmen beziehungsweise schlanke Vertriebsmannschaften die Anforderungen der Kunden besser und können direkt auf mögliche neue Anforderungen reagieren. Die daraus resultierende Absatzsteigerung lehnt sicherlich kein Geschäftsführer ab.  

Ein Problem der Digitalisierung ist die jedoch Schnelligkeit, mit der sich digitale Lösungen entwickeln: „Alle noch weitgehend analog aufgestellten Mittelständler müssen sich angesichts dieser Beschleunigung also fragen, wie und vor allem wie lange ihr bestehendes Geschäftsmodell, ihr Produkt, ihre Prozesse in der neuen Welt noch Bestand haben. Oder ob sie Gefahr laufen, von schnelleren digitalen Konkurrenten, die auch aus ganz unvermuteten Ecken kommen können, verdrängt zu werden“, betont Rahild Neuburger, Geschäftsführerin der unabhängigen Plattform „Münchner Kreis“ in einem Artikel der IHK. „Insofern sollten die Mittelständler, die bislang eher noch zögern, den Zeitfaktor im Auge behalten, den digitalen Wandel zwar nicht überstürzen, aber doch zügig aufbrechen in die Digitalisierung – um die sie ohnehin nicht herumkommen und die auch erhebliche Chancen für sie bergen kann.“

Kein Unternehmen ist zu klein fürs Digitale

Selbst kleinste Unternehmen kommen nicht um digitale Werkzeuge herum. Das beginnt etwa bei zuverlässiger E-Mail, die am PC, Notebook, Tablet oder Smartphone verfügbar ist, geht über die Pflege und Verwaltung von Kunden mit modernen CRM-Diensten oder dem eigenen Rechnungswesen, bis hin zu ausgereiften Lösungen zur Lagerverwaltung.

Selbst wenn es also schwierig erscheint: Wer sein Unternehmen fit für die Zukunft machen möchte, muss sich mit den Themen der Digitalisierung beschäftigten. Es gibt für fast jeden Bereich eine Lösung, mit der sich der Arbeitsalltag vereinfachen und Geschäftsprozesse optimieren lassen. Wichtiger als zuvor ist der Austausch mit anderen Unternehmern in gleichen oder ähnlichen Geschäftsumfeldern. Konferenzen oder Treffen von Organisationen wie der IHK können hier helfen. Dieser Austausch kann nicht nur zeigen, wie sich Lösungen gewinnbringend einsetzen lassen, sondern auch, wo es im Einsatz zu Problemen kommt und wie man Hürden überwindet.

Ebenfalls eine interessante Lektüre ist die Studie „Digitalisierung im Mittelstand“ von Deloitte. Diese wurde zwar bereits 2013 veröffentlicht, ist aber noch immer aktuell. Gerade der Satz „Wenn Technologien und Techniken nicht zur Kultur eines mittelständischen Unternehmens passen, bringt die Digitalisierung solcher Aktivitäten wenig, sie richtet ggf. noch Schaden an“ bringt es auf den Punkt. Aber gerade hier gibt es einen Vorteil von kleineren Unternehmen die gegenüber Firmen in Enterprise-Größe deutlich flexibler agieren und verschiedene Systeme ausprobieren können.

Die Deloitte-Studie liefert auch den perfekten Abschluss zur Frage, wie wichtig die Digitalisierung für den Mittelstand ist: „Der Mittelstand ist integrativer Bestandteil der digitalen Revolution und muss im Rahmen strukturierter Überlegungen die Antwort darauf finden, ob und inwieweit die Digitalisierung umzusetzen ist, um das Unternehmen langfristig überlebensfähig zu erhalten.“ Dem ist eigentlich nichts weiter hinzuzufügen.